Archiv für den Monat: Oktober 2012

Freiheit. Wo sind deine Grenzen?


Frauenquote, Rauchverbot und extra hohe Steuern auf Süßigkeiten – was will der Staat denn noch alles reglementieren? Können oder wollen nicht mehr für uns selbst entscheiden?

Was ist für Euch Freiheit? Wo fängt sie an und wo hört sie auf? Wie viel Toleranz ist gesund für sich selbst und für die anderen? Die vergangen Tage haben mich echt mal wieder ins Grübeln gebracht.

Bei der Recherche für eine Reportage zum Nichtraucherschutzgesetz bin ich erst einmal ganz naiv an die Sache rangegangen. Ich habe gedacht, dass meine Meinung ja schon feststeht und ich quasi militante Nichtraucherin bin. Aber weit gefehlt. Rauchen ist ungesund. Ja. Zigarettenqualm und Kippenstummel stinken. Ja. Und teuer ist es dazu. Aber darf man es jedem „freien Bürger“ einfach so verbieten. Nein!

Eindeutige Gesetze zum Schutz der Nichtraucher muss es geben. Passivrauchen macht krank, das ist bewiesen. Aber kann man verlangen, dass die Raucher sich zuhause verstecken, wenn sie ihrer Sucht nachgehen? Ich esse ja auch in der Öffentlichkeit Eis (meine heimliche Sucht) oder trinke im Sommer im Park ein Bier. Natürlich gibt es Unterschiede, da man nicht passiv Eisessen kann, aber irgendwie muss man doch auch gleiche Maßstäbe für alle gelten lassen. Die Gespräche mit den „Betroffenen“ haben mich irgendwie geläutert.

Ich stelle mich an der Bushaltestelle nicht direkt neben einen Raucher und verlange, dass er Abstand nimmt, wenn er zuerst da war. Aber wenn er sich qualmend neben mich stellt, dann darf ich doch etwas dagegen sagen. Oder nicht? Hauptsache, ich sage es direkt und fange nicht nur blöd an zu hüsteln.

Es ist doch meine Freiheit mich gegen oder für das Rauchen zu entscheiden mit allen Konsequenzen. Aber warum schaffen es so wenige, dabei ein wenig tolerant zu sein? Warum bin ich als Nichtraucher der Spießer, wenn ich nicht in eine Raucherkneipe gehen will? Und warum pöbeln wildfremde Leute andere im Park an, wenn die sich eine Kippe anstecken, aber dabei meilenweit entfernt sitzen? Aus Prinzip? Weil klare Positionen heute so rar sind?

Wie wäre es mit ein bisschen klarem Menschenverstand und Rücksicht aufeinander – statt immer nur „aus Prinzip“!

Das mit dem klaren Menschenverstand, der heute anscheinend niemandem mehr zugetraut wird, habe ich auch gedacht, als ich im Magazin „Zeit Wissen“ gelesen habe, dass Dänemark jetzt Lebensmittel mit einem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren höher besteuert. Und auch in Deutschland gibt es schon entsprechende Überlegungen für eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke wie Cola oder Limo. Die deutschen werden immer dicker und da sie selbst nicht dagegen tun, schreitet der Staat jetzt ein – na prima. Da können wir ja das selbstständige Denken bald ganz ausschalten.

Aber eigentlich ist es doch auch ganz praktisch, wenn einem das Entscheiden abgenommen wird. Wenn der Staat das Denken übernimmt und man selbst nur noch wie eine Aufziehpuppe handelt und so weiter …. – jetzt wird’s gefährlich!

Muss man uns jetzt schon vor uns selbst schützen? Sind wir mittlerweile schon so doof geworden? Vielleicht liegt es am Passivrauchen und Eisessen?

Auch wenn es schadet, muss doch jeder selbst entscheiden dürfen, ob er raucht oder nicht und ob er sich mit den bösen gesättigten Fettsäuren zustopft oder nicht. Eine Extra-Steuer wäre ja so etwas wie eine Strafzahlung. Wie wäre es mal mit ein bisschen Aufklärung und Bildung für die Menschen und nicht einfach immer neuen Gesetzen und Vorschriften. Freiheit ist doch auch immer Entscheidungsfreiheit. Frei entscheiden kann man aber nur, wenn die Alternativen bekannt sind.

So und nun zum letzten Thema, das ich ganz gewagt und schwierig finde und über das ich gerade im Medium Magazin gelesen habe: die Frauenquote. Ich habe hierzu ehrlich gesagt noch gar keine richtige Meinung, aber in meinem Bauch grummelt es. Die Vorstellung, einen Job zu bekommen, nur weil damit die Quote erfüllt ist, ist doch grausam. Oder nicht?

Auch hier sind doch die Grenzen von Freiheit erreicht, wenn es nicht mehr um eine freie Entscheidung für einen Menschen und seine Qualifikationen geht. Andererseits ist das über Jahrtausende entstandene Geklüngel der Männer in der Arbeitswelt auch nicht frei, sondern nur Gewohnheit. Aber kommt man dagegen nur mir Reglementierungen an? Braucht man eine Quote, um zu überzeugen?

Wo bleibt auch hier der normale Menschenverstand? Die Toleranz und die Freiheit, gleiche Maßstäbe für alle gelten lassen zu können?

Drama Baby, Drama

Die Suche geht weiter. Aber mittlerweile habe ich Zweifel bekommen. Ist meine Sinnsuche nicht eigentlich ein Wohlstandsproblem? Wir haben das Rumeiern schließlich von Kindesbeinen an gelernt.
Zum Suchen braucht man Zeit und Muße. Und das ist doch auch Luxus, oder nicht?
Wenn ich jetzt aber mal wirklich hart mit meiner Generation (das Wort „Generation“ alleine klingt schon gesellschaftspolitisch relevant – super!) ins Gericht gehe, dann können wir doch doch gar keine richtigen Probleme haben. 
Wer in den 80ern geboren wurde und im Westen aufgewachsen ist, hat nie Krieg, Terror oder anderes erlebt. Wir mussten nie richtig mutig sein oder etwas erkämpfen – nicht einmal mehr die Emanzipation vom Geschlechterpatriarchat. Aber gleichzeitig hat es wahrscheinlich nie so viele Diagnosen von Depressionen, Burnout, Essstörungen oder Drogenabhängigkeit (ob Gras, Koks, Schokolade oder Computerspiele) gegeben wie jetzt. Eine Generation von Memmen?
Was macht dieses ‚nie wirklich mutig sein müssen’ mit uns? Braucht man Drama im Leben, um zu leben?
Andererseits machen wir das doch ganz klug: Wir schaffen uns unsere eigenes Drama. Drama in Gedanken – wunderbar. Das ist nicht gefährlich, sicher, sauber und warm und regt trotzdem zum Nachdenken an – zumindest bei den meisten.
„Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen“ – sagte der alte Kant so schön, obwohl er ja gar nicht wissen konnte, auf welche schlaue Art man das heute so macht. Aber vielleicht bedienen wir uns heute auch manchmal zu viel und nicht immer am eigenen Geist? Vielleicht sind auch die Medien zu mächtig (upps – wie war das mit dem Ast, an dem man nicht sägen sollte, wenn man darauf sitzt)?
Wer denkt denn heute noch wirklich selber nach? Im Zeitalter von berühmten Plagiatoren (siehe Guttenberg und Co.) muss man ja eigentlich nur wissen, wie man sich am besten nicht erwischen lässt. Wer sagt denn noch, was er denkt?
Ich stelle jetzt nicht die ganze Welt unter Generalverdacht, aber manchmal hat man schon den Verdacht, dass die versteckte Werbung von Amazon, Google und Co. sich als Denkprinzip in den Köpfen der Menschen weiterverbreitet (Hilfe ein Virus): Wenn man bei der Post einen Brief abgibt, der ins Ausland gehen soll, bekommt man gleich ein neues Konto angeboten – inklusive EC- Karte, die im Ausland gebührenfrei ist. An jeder Supermarktkasse wird man gefragt, ob man Payback-Kunde ist und beim Friseur gibt es immer eine Restaurant-Empfehlung gratis dazu wenn man nur beiläufig erwähnt, dass Sushi gut schmeckt. Die sind doch alle gekauft!
Oder habe ich Verfolgungswahn? – Ich sage doch: Wenn man keine Probleme hat, macht man sich welche. Dabei verlange ich vom Leben und von den Menschen doch nur ein bisschen Authentizität.
Ich höre auch mal ganz gerne, dass ein Text nicht gut geworden ist oder dass ich auf einem Foto (oder auch so, live und in Farbe) echt doof aussehen. Hauptsache, das ist ehrlich – und das meine ich wiederum ehrlich. Nichts ist schlimmer, als nie zu wissen, wo man steht, weil immer alle um einen herum nur säuseln.
Auch wieder so ein Problem, nur anders herum gedacht: Wer nur gefällt, wenn er sich verstellt, der macht sich doch selbst dauerhaft unkenntlich. OK, oder er hat die falschen Freunde? Oder er sucht noch? – Was ich wiederum verstehen könnte. Ach Scheiße…..
Vielleicht ist das ja aber auch genetisch bedingt? Vielleicht kann ich ja nichts dafür? Vielleicht brauche ich Drogen oder eine neue Frisur?
Das Leben ist manchmal auch wie eine Wundertüte, in die man blind reingreift.
Ich habe mir jetzt erst einmal die Fußnägel grün lackiert. Das Wochenende kann kommen!

Ich suche, also bin ich

Ich suche weder Arbeit, noch ein Lied, noch eine Frau oder eine Wohnung. Gibt man bei Google nur „ich suche“ ein, bekommt man als erstes automatisch diese Möglichkeiten präsentiert. Nur „ich suche“ gibt es nicht. Dabei ist das doch ein prima Lebensprinzip.

Hotlines, Psychologen oder das Internet? Braucht man immer Antwortgeber? Braucht man die Millionen an Beratungsunternehmen, an Ratgeberbüchern und Selbsterfahrungskursen oder nur ein gutes Bauchgefühl? Oder darf der Bauch auch mal grummeln, ohne dass dann das Orakel von Delphi spricht?

Eigentlich dürfte es doch gar nicht so schwer sein, die Fragen über Fragen zu beantworten, die einen so täglich treffen. Das Stichwort „gesucht“ ergibt bei Google 176.000.000 Ergebnisse, „gefunden“ ergibt 560.000.000 – also müsste „finden“ doch einfacher als „suchen“ sein. Die Trefferquote lässt hoffen. Oder mache ich etwas falsch?

Ich muss zugeben, dass ich ganz gerne suche. Also nicht nach verschwundenen Socken oder nach fehlenden Büchern oder gar nach Telefonnummern, die man sich irgendwo notiert hat und die man garantiert jetzt nicht wieder findet. Nein, eher so prinzipiell, generell und vielleicht momentan auch so als Lebensgrundlage. Ich ersuche mir eine Basis, auf der dann mal was entstehen kann. Andere erfinden und ich ersuche noch!

‚Wer gibt Antworten?’ – könnte man fragen. ‚Muss jemand antworten?’ – könnte man dagegenstellen. Vielleicht reicht es, wenn man fragt und die Antwort kommt dann von alleine. Ich hoffe noch.

Ist es zu lasch nur zu suchen und ein bisschen zu hoffen? Muss man die Antworten haben wollen und dann auch gleich etwas Gewinnbringendes daraus machen? Investieren, um dann zu profitieren? Möglichst schnell und effektiv?

Macht nur Finden glücklich oder reicht suchen?

Mit dem Finden wird man satt und träge – könnte man meinen. Mit dem Suchen bleibt man aber immer unzufrieden – könnte man sagen und weitersuchen. Muss man finden, soll man finden, darf man finden und satt weitersuchen?

‚Mach dir ma locka’ sagen viele und suchen nicht und finden nicht – zumindest nicht bewusst und schon sind sie zufrieden. Geht das? Ich hoffe nicht.

Ich suche, also bin ich.

P.S.: Ganz ohne zu suchen, habe ich das hier gefunden: Zum Thema ‚Mach dir ma locka’!