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Marshmallows sind der Grund allen Übels. Marshmallows entscheiden über den Erfolg im Leben: Loser oder High Potential? Lieber sofort eines davon oder später ganz viele? Allein diese Frage kann entscheidend für die eigene Zukunft sein.
Glaubt man dem österreichischen Persönlichkeitsforscher Walter Mischel so bekommen diejenigen ihr Leben viel besser in den Griff, die lernen zu verzichten. Das Leben im Hier und Jetzt und die Bedürfnisse des Augenblicks soll man zugunsten der Zukunft zurückstellen. Wer das schafft, wird später belohnt – und das richtig dicke.
Die Theorie des sogenannten Marshmallow-Experiments klingt erst einmal einfach und sehr interessant. Aber wenn man sich das Leben in dieser Form mal konkret vorstellt, entsteht so doch auch ein riesiger Frust. Vielleicht auch Wut und Aggression. Wenn der Augenblick egal ist, bleibt doch nur noch Wettkampf.
In der Praxis sah das Ganze – das war übrigens schon 1968 (wie in der neuen Ausgabe des Froh-Magazins steht) – sah das Experiment dann so aus, dass Mischel Kinder vor die Wahl stellte sofort eine kleine Belohnung bekommen zu können oder eine größere, wenn sie ein wenig darauf warten würden. Die Belohnung waren Marshmallows, deshalb der Name des Experiments.
Die Kinder entschieden sich natürlich nicht alle gleich und Mischel belohnte sie entsprechend. Jahre später schaute er sich dann an, wie die Lebensläufe der Probanden in Schule und Berufsstart entwickelt hatten. Es zeigte sich, dass diejenigen, die lieber auf die größere Belohnung gewartet hatten, viel erfolgreicher und zielstrebiger im Leben vorankamen. Sie waren angeblich selbstbewusster und stressresistenter.
Ist das also der Schlüssel zur großen Karriere?
Ich glaube schon, dass Verzicht manchmal ganz hilfreich ist in unserer Überflussgesellschaft. Aber es macht doch nicht glücklich, wenn man nur auf die Zukunft hinarbeitet und nie mal den Augenblick genießt. Muss denn alles immer auf Effizienz getrimmt sein?
„Heute schon an morgen denken“ – das prophezeien ja nicht nur Versicherungsmakler, die einem eine private Vorsorge andrehen wollen. Man soll jetzt Sport machen, damit man lange gesund bleibt. Man soll jetzt gesund essen, damit man später nicht an Arterienverkalkung leidet oder so. Man soll jetzt viel Geld verdienen und vor allem zurücklegen, damit man auch später noch etwas davon hat. Blablabla….
Natürlich ist das nicht falsch, aber ohne das „Hier und Jetzt“ gibt es doch auch kein morgen. Warum verschulden sich die Leute und trimmen ihr ganzes Leben dann aufs Abbezahlen, wenn sie dann nicht mehr ruhig schlafen können? Warum muss jeder ein eigenes Auto fahren, wenn er dafür dann nicht mehr ins Kino oder Theater geht oder nicht mehr in den Urlaub fährt nur weil er ja noch so viel abbezahlen muss?
Nur um später mal toll und erfolgreich dazustehen?
Auch mich beunruhigt die Zukunft und auch ich wüsste gerne, was dann irgendwann mal kommt und wo es hingeht. Aber dafür heute auf alles oder zumindest ganz viel zu verzichten ist doch Quatsch. OK, stressresistent ist das vielleicht nicht. Aber das klingt ja so, als müsste man den Stress als Standard akzeptieren. Nur wer Stress kann, kann auch Zukunft. Oder wie?
Ich finde es fraglich mit dem ‚verzichten können‘ auch das Selbstbewusstsein von Menschen zu erklären. Es gehört doch immer grundsätzlich Selbstbewusstsein dazu, wenn man in Hier und Jetzt eine klare Entscheidung trifft – auch für die sofortige kleine Belohnung, für das kurze Glück.
Die Zukunft zu ignorieren, macht nicht glücklich. Aber die Gegenwart doch auch nicht.
Dass immer mehr Effizienz uns kaputt macht, zeigt sich doch auch immer wieder. Effizienz in der Wirtschaft, in der Arbeitswelt, in unserer industriell überzüchteten Welt. Alle reden jetzt ständig über Entschleunigung und so.
Aber gleichzeitig werden massenweise Tiere in Hochleistungsfabriken gesperrt für die spontane Lustbefriedigung in einem kurzen Augenblick bei Mc Donald‘s und Co. Es werden massenweise Äcker für die Herstellung von Biosprit bepflanzt, nur damit alle weiterhin mit ihren Luxuskarren und dazu einem vermeintlich guten Gewissen unterwegs sein können. Gleichzeitig verhundern jetzt in unserem Hightech und Fortschrittsgläubigkeitszeitalter noch immer massenweise Menschen.
Ein wenig mehr ‚Hier und Jetzt‘ und Präsenz vor Ort wie gestern bei der Demo gegen die Agrarindustrie und die aktuelle Verbraucherpolitik der Bundesregierung kann eben doch Zeichen setzen. Ganz selbstbewusst gebe ich in einem Punkt dem Marshmallow-Experten Recht. Wenn er sagt, dass der Verzicht auch Erfolg bringen kann, dann passt das gut zum Thema Konsum. Aufpassen muss man aber, dass man bewusstes Verzichten nicht nur in die Zukunft aufschiebt, sondern lernt in der Gegenwart damit umzugehen.