Wochenendtrip voller Kontraste


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DomHeute Morgen ganz frisch die Meldung: „Eurokrise greift auf die Nordländer über“. Worum geht’s mal wieder: die Kreditwürdigkeit, das Rating und die Banken. Wer wackelt, welches Land kann das EU-Schuldenziel nicht erreichen und wer müsste noch mehr sparen?

Die Eurokrise verschwindet immer dann von der Bildfläche, wenn es wichtigeres zu berichten gibt. Wenn nicht, taucht sie wieder auf, denn sie schwelt weiter. Und wie bisher auch: die Banken scheinen wichtiger als die Bevölkerung, die mit den Folgen leben muss.

Ich will hier jetzt nicht einen großen Schwenk über die Finanzlage der einzelnen Länder bieten, sondern ein Erlebnis von vergangenem Wochenende erzählen. Ich habe zum letzten Geburtstag eine Reise geschenkt bekommen, besser gesagt einen Gutschein für ein Blind-Booking-Flugticket. Das haben wir vergangenes Wochenende eingelöst und es ging – ganz jet-set-mäßig Freitag hin und Sonntag zurück – nach Mailand.

Ich liebe Italien (nicht nur wegen Pasta, Pizza und Gelato) und war schon oft dort – zugegebenermaßen noch nie per Flugzeug, sondern meist mit Bus, Bahn oder Auto in einer langen schweißtreibenden Tour. Nun also mal anders: rein ins Flugzeug, kurz geblinzelt und schon setzen wir zur Landung an. Dann per Fußmarsch rein in die Stadt und zum Hostel.

Auf dem Weg, entlang einer großen Hauptstraße, unter der Autobahn und vielen Brücken hindurch, bot sich uns mehrmals das gleich Bild: kleine Hütten aus Wellblech und Pappe und auch ein Schlafsack inklusive Klamottenlager auf einem alten Wäscheständer fast direkt neben der Leitplanke. Dort wohnten Menschen.

Euro

Dann ging es durch normale Wohngebiete hinein in die zugegebenermaßen recht prachtvolle Innenstadt. Ein schöner Altbau mit Stuck, großen Dachgärten und riesigen alten Holztüren, neben dem anderen. Davor meist dicke Autos statt kleinen Fiats und  anderer zerbeulten Kleinwagen, wie ich es aus Italien sonst so kenne und mag (Autos sind meiner Meinung nach wenn überhaupt Gebrauchsgegenstände und keine Statussymbole).

Der erste Tag war verregnet, aber am zweiten strahlte die Sonne und so haben wir uns aufgemacht, um die bekannten Sehenswürdigkeiten abzuklappern und uns – wieder per pedes – die Stadt anzuschauen. Mein Eindruck: beeindruckend, schön, wirklich schön, aber auch ganz schön schnieke. Die Fußgängerzonen waren voller Menschen mit riesigen dieser rechteckigen, steifen Papiertüten der großen Modelabels. Einer schicker als der andere. Die Sonnenbrillen riesig, die Absätze hoch und die Gesichter trotz strahlender Sonne nicht wirklich entspannt. Es wirkte wie ein Wettbewerb: wer hat die meisten und die größten Tüten.

Einkaufspassage

Gut, nun ist Mailand bekannt als Modestadt, für Prada, Gucci und Co. und es ist die zweitgrößte Stadt Italiens. Dass es so extrem ist, hätte ich allerdings nicht gedacht. Was mir dagegen gut gefallen hat, waren die vielen Straßenmusiker und Künstler, die sich überall zwischen die Shoppingmassen in die Fußgängerzonen quetschten und dort Raum und Begeisterung für sich gewannen.

Gemüse

Mailand war ein einziger großer Kontrast und das bestätigte uns auch die Dame, die im Hostel alles managte. Ich weiß nicht, ob sie die Inhaber ist oder nur eine Angestellte, auf jeden Fall war sie scheinbar immer da. Zum Frühstück brachte sie uns Orangen, Zwieback und Eier und zeigte großes Interesse, ein bisschen was von uns zu erfahren. Dass wir auch Deutschland sind, einen Job haben und einfach so mal nach Mailand kommen, fand sie gut. Ich fand das angesichts dessen, was sie dann erzählt hat, fast ein wenig protzig – und peinlich.

Sie arbeitet das ganze Wochenende im Hostel – ihr Nebenjob. Denn eigentlich ist sie Kinderkrankenschwester und arbeitet in einem Mailänder Krankenhaus. Das sei normal, denn Italien gehe es schlecht, sagte sie. Dabei deutete sie immer wieder auf den Fernseher in der Ecke, der die ganze Zeit lief. Der gerade frisch gekürte neue Ministerpräsident war dort zu sehen, Matteo Renzi. Viel Hoffnung würden die Menschen in ihn setzen.

Santa Maria delle Grazie

Auf die Frage, ob es Mailand nicht noch ein wenig besser gehe als anderen kleineren Städten in Italien, nickte sie zwar. Aber dennoch sei vieles mehr Schein als Sein in der Modemetropole, denn das was so glänzend wirke, sei einzelnen Reichen vorbehalten, die am Wochenende und zu bestimmten Anlässen nach Mailand kommen oder hier in der Innenstadt Immobilien besitzen. Und natürlich den Touristen. Diese würden aber andererseits Geld in die Stadt bringen (und Hostels buchen).

Gute Jobs gebe es kaum und gleichzeitig würden in manchen Bereichen Leute gesucht wie bei ihr im Krankenhaus. Diese müssen allerdings mit wenig Geld zufrieden sein, das der Staat und kommunal verwaltete Klinken zahlen können.

Money

Die Eurokrise ist in der Öffentlichkeit keine menschliche Krise. Es geht es wenig um die Menschen, die am wenigsten für die Misere können und trotzdem darunter leiden. Wenn ein Staat korrupt ist und einzelne Menschen, Banken und Unternehmen den Hals nicht voll bekommen können, alles auf Pump finanzieren und dabei auf die Schnauze fallen, sollten sie die Folgen ausbaden. Aber nein, so ist das „System“ nun mal nicht angelegt. Schon im vergangenen Jahr hatte ich mich darüber hier in Berlin mit einigen Griechen unterhalten, die ihr Heimatland wegen der Krise verlassen hatten.

Auf dem Weg wieder zurück zum Flughafen sind wir dann durch das Uni-Viertel gelaufen und hier haben wieder einen Eindruck vom Gegenteil der Schicki-Micki-Welt bekommen. Alte, auch sehr sehr schöne Gebäude ohne Hochglanzpolitur, Hochhäuser mit vielen kleinen Wohnungen und tatsächlich kleine alte Fiats mit Beulen. Dazu nicht wenige Sprüche an den Mauern, die den Frust zeigen.

Liberi

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